Nicht nur Wissen vermitteln, sondern zur Selbsterfahrung anregen, sollte der Impulsvortrag, den kürzlich Inge Hartmann, die Seniorenbeauftragte der Gemeinde Bayerisch Gmain, vor den Besuchern des Seniorencafes in der Bahnhofstraße hielt. Thema waren die Reichenhaller Brunnen, von denen etwa 70 im Stadtgebiet zu finden sind und die dem Kurort auch das Prädikat Stadt der Brunnen eingebracht hat. Zwar werden die meisten dieser Brunnen von normalem Quellwasser gespeist, bei einigen fliest jedoch auch Reichenhaller Quellsole aus der Röhre.

In Anbetracht der Anzahl der Brunnen beschränkte sich Inge Hartmann auf die markantesten Exemplare und deren Geschichte. So schmückt den Rathausplatz der wohl mächtigste Brunnen im Stadtgebiet, der Wittelsbacher Brunnen, der zu Ehren der damaligen bayerischen Regenten aus dem Hause Wittelsbach errichtet worden war. Auf seiner mittigen, schlanken Säule thront eine jugendliche Bavaria, blickt auf das städtische Treiben Richtung Poststraße, hält in der linken Hand ein goldenes Zepter, in der rechten Hand ein Schild mit dem bayerischen Wappen und ihr Haupt schmückt ein Eichenkranz. Gewaltig war allerdings auch der damalige finanzielle Aufwand für das Bauwerk, denn allein aus dem Stadtsäckel flossen 10 000 Reichsmark, die von den Wittelsbachern aus dem Staatshaushalt um 20 000 Reichsmark aufgestockt wurden, neben den Spenden betuchter Reichenhaller Bürger.
Mit weit weniger Geld auskommen musste man bei der Errichtung des Bismarckbrunnens in der Bahnhofstraße. Der damalige Reichskanzler, der selbst mehrfach in Bad Reichenhall zur Kur weilte und dem die Ehrenbürgerwürde verliehen worden war, konnte auf weit weniger Spender zählen und auch die Stadt zeigte sich sparsam, was allerdings dem Rufe Bismarcks durchaus entgegenkam. Und selbst der Standort war weitaus weniger repräsentativ, obwohl der Brunnen selbst künstlerisch äußerst ansprechend geriet. Dies war auch der Grund dafür, dass sich die Stadt erst kürzlich, unter Inanspruchnahme von zahlreichen Spendengeldern, dazu durchringen konnte, den Brunnen zu sanieren.
Eine Maßnahme, die dem dekorativen, modernen Brunnen, dem Salzsäulebrunnen in der Fußgängerzone der Bahnhofstraße, der erst 1975 im Zuge des Baues der Fußgängerzone errichtet worden war und der aus fünf Granitquadern besteht, wohl nicht zuteil werden wird, nachdem sich die Stadt für dessen Rückbau entschieden hat.
In ihrem weiteren Streifzug durch die Stadt der Brunnen beschrieb Inge Hartmann noch den Florianibrunnen, der alljährlich als Osterbrunnen mit 3 500 handbemalten Ostereiern dekoriert wird, den Rupertusbrunnen im Hof der Alten Saline, den Zentaurbrunnen am Bahnhofsplatz sowie den Alpen-Sole-Springbrunnen im Kurpark, der Reichenhaller Quellsole spendet. Aber es sind nicht nur diese klassischen Brunnen, die das Stadtbild prägen, auch viel moderne Brunnenarchitektur lockern die Häuserfassaden auf. So tanzen in der Diana-Passage drei Mädchen auf einem Sockel, dazu spielen zwei Buben mit dem Wasser, der Angererbrunnen in der Poststraße symbolisiert aufsteigenden Sauerstoff als Lebenselixier, dazu kommt der Storchenbrunnen in der Salzburgerstraße vor dem Kurcafe, die drei Grazien im Ortenaupark, der Säulenbrunnen vor der Volksbank gegenüber dem Bahnhof und noch viele andere mehr, über die in Wort und Bild berichtet werden könnte.
Zum Abschluss riet die Referentin den aufmerksamen Zuhörern, mit wachen Augen durch die Stadt zu schlendern, dabei den Fokus ganz bewusst auf die Vielzahl der manchmal auch etwas versteckten Brunnen zu richten und auf diese Weise die Stadt der Brunnen kennenzulernen.

23.11.2021 G. Wolf

Bildhinweis: Die Bayerisch Gmainer Seniorenbeauftragte Inge Hartmann in ihrem Element; die Geschichte und die Gegenwart Bad Reichenhalls zu erkunden und ihr Wissen der älteren Generation weiterzuvermitteln.

Bildhinweis rechts: Neben den vielen Brunnen im Stadtgebiet belebt den Kurgarten der großzügige Quell-Sole-Brunnen, der Atlas mit einer Muschel auf den Schultern zeigt, und der 1955 vom Platterhof in Berchtesgaden in den Kurgarten kam.